Ein Zuhause für vergessene Seelen – Der Tierschutzhof Rhön-Grabfeld im Gespräch
Der Tierschutzhof Rhön-Grabfeld in Großeibstadt ist ein ganz besonderer Ort. Hier finden alte, kranke oder misshandelte Tiere Zuflucht — nicht als bloße „Nutztiere“, sondern als fühlende Lebewesen, denen in Würde ein neues, ruhigeres Leben ermöglicht wird. Im folgenden Interview berichtet Thomas und Franziska des Hofs, wie alles begann, welche Tiere dort leben und warum der Einsatz für Tiere eine Herzensangelegenheit ist.
Das Interview:
Was hat euch persönlich dazu bewegt, einen Tierschutzhof in Rhön-Grabfeld aufzubauen?
Der Tierschutzhof Rhön-Grabfeld ist eigentlich aus der Not heraus geboren. Unsere zahlreichen Erfahrungen haben gezeigt, dass Tiere, die in die Jahre gekommen sind oder gesundheitliche Probleme haben, der Wegwerfgesellschaft unterliegen. Da wir damals ausschließlich mit Ponys und Pferden gearbeitet hatten, mussten wir immer wieder mitansehen, wie schnell Menschen bereit waren, ihre alten aber auch jungen Pferde zum Metzger oder Abdecker zubringen. Diese Geschöpfe, die uns einen langen Weg unseres Lebens begleitet, uns Freude und Trost in allen Lebenslagen gespendet und auf denen wir und unsere Kinder das Reiten gelernt haben, gebührt sowohl Respekt als auch Mitgefühl.
Dieser Stellenwert von alten Tieren in unserer Gesellschaft und die leidigen Erfahrungen mit Behörden, die eigentlich für den Schutz der Tiere da sein sollten, hat uns im Mai 2003 dazu bewogen, uns zu einer Initiative zusammenzuschließen, um alten, kranken und misshandelten Pferden und Ponys einen Schutzraum zu bieten, in dem sie in Würde alt werden dürfen. Zudem war und ist unser Anliegen, die Öffentlichkeit für alte und kranke Tiere und deren Schutz zu sensibilisieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. Eine weitere Intension ist auch Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, durch persönliches Erleben an einen positiven Umgang mit alten und kranken Tieren sowie Tiere mit Handicaps heranzuführen.
Welche Tiere finden bei euch ein neues Zuhause und mit welchen besonderen Geschichten verbinden ihr die Schützlinge?
Nach dem alles mit Ponys und Pferden begann, nehmen wir heute auch andere in Not geratene Haus- Nutz- und Wildtiere auf. Derzeit tummeln sich rund 80 Tiere auf unserem Hof. Darunter Ponys und Pferde, Esel, Ziegen, Schafe, Hängebauchschweine, Hühner, Katzen, Hunde, Hasen und Meerschweinchen.
Zwei unvergessliche Geschichten, die unsere ehrenamtliche Arbeit und unser Handeln geprägt haben. Zum einen die Geschichte eines Welsh-Ponys namens „Trixi“, die den Anstoß zur Gründung unseres Vereins ausgelöst hatte. Trixi war damals massiv abgemagert und ausgezehrt. Trotz Konsultierung von zwei Tierärzten konnten keine Diagnose für den körperlichen Zustand gefunden werden. Nachdem die Behörde darauf gedrungen hat, das Tier unverzüglich einzuschläfern, haben wir Trixi in unsere Obhut genommen. Mit viel Liebe und einer massiven Futterumstellung konnten wir Trixi wieder aufpäppeln. Trixi hat noch über 10 Jahre bei uns gelebt, konnte wieder geritten werden und war das Lieblingspony aller Kinder. Diese Geschichte hat uns gezeigt wie wichtig es ist auch Tieren eine Chance zu geben.
Eine weitere prägende und traurige Geschichte war die von Abel, ein American Saddlebred Horse. Von Passanden wurden wir darauf hingewiesen, dass im Nachbarort ein Pferd von einem 15-jährigen Mädchen geritten wird, das nur noch aus Haut und Knochen bestand. Wir gingen damals diesem Hinweis nach und waren total schockiert und den Tränen nahe als wir das Pferd sahen. Den Zustand des Tieres konnte man nicht mehr in Worte ausdrücken. Jedoch war das zuständige Veterinäramt bereits eingeschaltet, aber passiert ist nicht viel. Daher mussten wir schnell handeln, denn ein Tag länger hätte Abel nicht überlebt. Wir hatten mit dem Besitzer auf Herausgabe des Tieres verhandelt und er hatte schnell zugestimmt. Abel wurde dann auf unseren Hof verbracht und von einem Tierarzt untersucht, der uns keine große Hoffnung machte, nachdem das Tier auch noch einen Kreislaufzusammenbruch erlitt. Jedoch haben wir Abel niemals aufgeben. Nach einigen Wochen hat Abel wieder aufgebaut und wurde innerhalb eines Jahres wieder zu einem edlen und stolzen Pferd. Abel wurde bei uns nicht mehr geritten und durfte sein restliches Pferdeleben auf unseren Hof verbringen.



Wie sieht ein typischer Tag auf eurem Hof aus – und welche Aufgaben stehen dabei im Vordergrund?
Im Vordergrund der täglichen Arbeit stehen in erster Linie die Versorgung und Pflege aller Tiere und der täglichen Reinigung der Stallungen, Gehege und Käfige. Diese Arbeiten nehmen die meiste Zeit des Tages in Anspruch. Häufig stehen auch an manchen Tagen, vor allem bei Neuzugängen und kranken Tieren, Tierarztbesuche an. Für die Renovierung bzw. Sanierung des vereinseigenen Anwesens bleibt dabei kaum Zeit, da wir an den Nachmittagen noch regelmäßig pädagogischen Reitunterricht und in den Schulferien präventive Tierschutzangebote sowie erlebnispädagogische Events anbieten. Diese Angebote dienen dazu unseren Hof und unsere Tiere finanziell über Wasser zu halten.
Auf Spenden alleine können wir uns in den letzten Jahren kaum mehr verlassen. Unser Spendenaufkommen ist aufgrund von Corona, Ukraine-Krieg und starke Inflation rückläufig, obwohl die finanziellen Belastungen extrem steigen. Die gestiegenen Kosten für Futter, Tierarztbesuche und Energie belasten das Budget des Tierschutzhofes enorm. Der Tierschutzhof muss daher ständig kreativ sein, um mit den knappen Ressourcen so vielen Tieren wie möglich zu helfen.
Welche Rolle spielt die Region Rhön-Grabfeld für eure Arbeit – gibt es hier ein besonderes Bewusstsein oder Engagement für den Tierschutz?
Auf der Suche nach einem finanzierbaren Anwesen für unsere Schützlinge, sind wir in Großeibstadt fündig geworden. 2008 haben wir den alten Bauernhof erworben und 2009 sind wir mit all unseren Tieren nach Großeibstadt gezogen. Die Region Rhön-Grabfeld hat dabei keine große Rolle gespielt. Ein besonderes Bewusstsein oder Engagement für den Tierschutz haben wir in Rhön-Grabfeld nicht feststellen können. Obwohl wir uns mit unserer Arbeit in den regionalen Tierschutz eingebracht haben, haben wir nach 17 Jahren in Rhön-Grabfeld, weder eine Anerkennung unserer ehrenamtlichen Tätigkeit noch eine finanzielle Unterstützung durch den Landkreis Rhön-Grabfeld und der Gemeinde Großeibstadt erfahren.
Wo stoßt ihr im Alltag an Grenzen – sei es bei Platz, Zeit oder finanziellen Mitteln?
Viel zu oft stoßen wir im Alltag an unsere Grenzen. Fast täglich erhalten wir Anrufe von Menschen, die Ihr Tier – sei es Hunde, Katzen, Pferde oder andere Tiere – abgeben möchten, da sie keine Zeit und kein Geld mehr haben, um ihr Tier zu halten bzw. zu versorgen. Leider können wir nicht jedes Tier bei uns aufnehmen, da uns grundlegend die Kapazitäten, das Personal und die finanziellen Mittel fehlen. Da wir großen Wert auf eine artgerechte Haltung legen, haben wir uns einen Aufnahmestopp auferlegt. Es werden bei uns nur noch Tiere in gefährdeten Notlagen aufgenommen. Bei allen anderen Tieren helfen wir den Besitzern so gut wie möglich bei der Vermittlung ihres Tieres in verantwortungsbewusste Hände.



Welche Botschaft möchtet ihr den Menschen in Rhön-Grabfeld in Bezug auf den verantwortungsvollen Umgang mit Tieren mitgeben?
Wenn sich Menschen ein Tier zu legen, sollte ihnen bewusst sein, dass sie Verantwortung für ein fühlendes Lebewesen übernehmen, und dies nicht nur für eine gewisse Zeit, sondern für das gesamte Leben des Tieres. Tiere fühlen Freude, Angst, Zuneigung und viele weitere Emotionen. Einige Tiere zeigen sogar Anzeichen von Trauer, wenn ein Artgenosse stirbt oder wenn sie eine Bezugsperson verlieren. Daher verdienen alle Tiere genau wie wir Menschen Respekt und Mitgefühl.
Wenn ihr drei Wünsche frei hättet: Was würdet ihr euch für den Tierschutzhof, die Tiere und den Tierschutz allgemein wünschen?
- Tiere sollen nicht mehr als Sache, sondern als fühlendes Lebewesen in die Gesetzbücher eingehen. Nur so können Tiere den Menschen gleichgestellt werden und der Tierquälerei Einhalt geboten werden.
- Ein höheres Verantwortungsbewusstsein gegenüber Tieren, damit die Zahlen der Tierschutzfälle sinken. Hierzu gehört auch ein Tierführerschein, den jeder der ein Tier hält absolvieren muss.
- Für unseren Hof wünschen wir uns eine größere Akzeptanz, mehr finanzielle Unterstützung, auch von Seiten der öffentlichen Hand, sowie mehr ehrenamtliche Helfer
Auch eure Hilfe ist gefragt:
Ihr könnt den Tierschutzhof Rhön-Grabfeld auf viele Arten unterstützen:
- Spenden für Futter, Tierarztkosten und laufende Ausgaben
- Tierpatenschaften übernehmen
- Sachspenden wie Futter, Stroh oder Equipment
- Ehrenamtlich helfen bei Pflege, Hofarbeiten oder Veranstaltungen
- An Angeboten teilnehmen, z. B. Reitunterricht oder Ferienprogramme
- Unterstützung beim Projekt “Alter Kuhstall” –> handwerkliches Geschick, Baumaterial oder Spenden
Einfach den Tierschutzhof kontaktieren:
- www.tierschutzhof-rhoengrabfeld.de
- Telefon: 09761 – 3945222
- E-Mail: tierschutzhof-rhoengrabfeld@t-online.de


